Vorwärts-Abwärts und Dehnungshaltung


Zwei Begriffe, ein Phänomen?
Oder gibt es doch einen Unterschied?
 

 

Um den Unterschied zu verstehen sollten wir uns mit den Möglichkeiten vertraut machen, die das Pferd hat, ein Gewicht wie den Menschen zu tragen. 

Generell hat das Pferd schon mit seinem Bauch, der knapp die Hälfte des Gesamtgewichtes des Pferdes ausmacht, eigentlich genug zu tragen.  

Haupttragemuskel des Bauchgewichtes ist der Querbauchmuskel, über den dieses Gewicht letztlich an der Lendenwirbelsäule hängt. 

Der Rücken des Pferdes würde dadurch ins „Hohlkreuz“ gezogen. Das Pferd kann seinen Bauch ermüdungsfrei und problemlos mit sich herumgetragen, denn die Brust- und Lendenwirbelsäule erhält Stabilität durch das Nacken-Rückenband, welches gespannt wird über die „Hebel" Hals und Kruppe. 

Deshalb sucht die Pferdezucht Exemplare mit einer harmonischen Oberlinie. Damit stehen Hals und Kruppe als Hebel in einem harmonischen Verhältnis zum Rücken und können diesen über das Nacken-Rückenband genügend stabilisieren.

Der reitende Mensch nun hat die Aufgabe, dem Pferd zu helfen, ihn zu tragen. Dabei geht es darum, mit der wichtigen nachgebenden Zügelhilfe das Absenken des Kopfes und damit die Wirkung des Halshebels zuzulassen. Zusätzlich aktiviert der reitende Mensch den hinteren Hebel, die Kruppe, mit dem „treibenden" Schenkeln.

Der treibende Schenkel sorgt für eine Kontraktion des äußeren schrägen Bauchmuskels, der gemeinsam mit dem geraden Bauchmuskel den Beckenknochen und damit die Kruppe nach unten zieht. So wird das Nacken-Rückenband von hinten gespannt. 

Die treibende Hilfe ist also eigentlich eine tragende Hilfe, der lange Rückenmuskel kann besser als Bewegungsmuskel arbeiten. Darum fühlt sich diese Hilfe als vorwärtstreibende Hilfe an.

Beim sogenannten Vorwärts-Abwärts trägt das Pferd den Menschen „nur" über den deutlich wirkenden Halshebel, alleine über den wird hier das Nacken-Rückenband unter genügend Spannung gebracht. Bei der Dehnungshaltung ist auch die Kruppe als Hebel durch die treibenden Impulse des Unterschenkels aktiviert. Da der so angesprochene äußere schräge Bauchmuskel die Atmung nicht mehr vollständig zulassen kann (er kommt von den Atmungsrippen), definiert sich der Unterschied zwischen Vorwärts- Abwärts und Dehnungshaltung nicht über die Höhe des Kopfes, sondern über die Atmung.

Abschließend sollte folgendes bedacht werden: eine Spannung in der Oberlinie, insbesondere im Bereich der hinteren Brust- und Lendenwirbelsäule ist für das Pferd sehr wichtig, sonst würde die eingangs erwähnte Hohlkreuzsituation entstehen. 

Die Spannung kann in der passiven Struktur Nacken- Rückenband durch die Hebel Hals und Kruppe aufgebaut werden. Je weniger von dieser vorhanden ist, umso mehr übernimmt der lange Rückenmuskel diese tragende Aufgabe durch aktives Verspannen. 

Das Fazit: 
Der reitenden Mensch muss dem Pferd helfen, ihn zu tragen. Sonst kann keine Losgelassenheit erreicht werden!

Wie viel Hilfe das Pferd braucht, hängt von seinem Exterieur und seinem Trainingszustand ab.